Musik, Recht und mehr!

Gehören Vorträge in (m)eine Publikationsliste?

Lange habe ich mich gesträubt, es kam mir immer irgendwie falsch vor. Ich wollte es einfach nicht tun. Es kam für mich schlichtweg nicht infrage, jener weitverbreiteten Unsitte auf meiner Webseite zu huldigen. Worum geht es? Um den Brauch, gehaltene Vorträge in der Publikationsliste aufzuführen.

Im Grunde nutzt es doch keinem wissenschaftlich interessierten Leser zu erfahren, wann jemand wo welchen Vortrag gehalten hat – jedenfalls nicht, bis irgendwann eine mehr oder weniger am tatsächlich abgelesenen oder frei gehaltenen Vortrag orientierte Version in einem Tagungsband erscheint; aber eigentlich sollte man niemals davon ausgehen, daß dort gewährleistet wird, daß das an jenem Tag gesprochene Wort auch nur ansatzweise schriftlich wiedergegeben wird. Die eigentliche Rede ist verflogen, nicht einmal mehr Schall oder Rauch, für Außenstehende ganz einfach gar nicht mehr da. Man müsste mit dem Autor Kontakt aufnehmen, um mehr über jenen Vortrag zu erfahren – die meist im Netz noch irgendwo herumgeisternden Abstracts sind selten aufschlußreich und oft genug in einer Nacht und Nebel-Aktion kurz vor Ende der Deadline dem Tagungsveranstalter eingereicht worden. Außerdem: Abstracts zu Vorträgen sind vorab als Bewerbung für eine Tagung vor der Ausarbeitung des eigentlichen Vortrags erstellt und keine hinterher erstellte Inhaltsangabe.

Meine Meinung: Lange Listen von Vorträgen bereitzuhalten dient einfach in akademischen Kreisen als beruflicher Tätigkeitsnachweis. Was dort gehalten wurde, ist indes selten überprüfbar, und überhaupt: Es werden gelegentlich sogar in Kolloquien gehaltene Referate als Referenz angeführt!

Kurz: Eigentlich gehören Vorträge nicht in meine Publikationsliste. Sie sind zwar öffentlich gehalten – im urheberrechtlichen Sinne damit veröffentlicht – , aber solange sie nirgends erschienen sind, würde ich sie nicht als Publikation im engeren Sinne bezeichnen.

Entgegen der eigenen Überzeugung:

Viel gemeckert und doch habe ich es nun getan. Warum? Mein inzwischen emeritierter Doktorvater gab mir einen einleuchtenden Grund: Wenn ich nicht jetzt anfange meine Tätigkeiten zu dokumentieren, werde ich wohl oder übel in 20 Jahren den Überblick, wann ich wo welchen Vortrag gehalten habe, verlieren. Er hat recht – so sieht’s nunmal aus. Außerdem tut es dem Selbstbewußtsein einfach gut, minutenlang durch die eigene Publikationsliste hoch und runter zu scrollen… Moment… Da könnte doch noch etwas hinein… Habe ich nicht im Hauptstudium ein sehr bedeutendes Referat gehalten? Wo liegt es nur? …